Meine Begegnung mit Heinz Zemanek ist knapp dreißig Jahre her, damals war ich ein Kind im Grundschulalter und wusste nicht, wer da mit uns am Tisch des koreanischen Restaurants saß. Er brachte mir dort eine Geheimsprache bei, nein, eher einen rhythmischen Tanz mit den Fingern. Ich konnte ab diesem Zeitpunkt mit nur fünf Fingern bis 31 zählen, der größte Zaubertrick meines Lebens für mich. Damals dachte niemand, dass wir uns dereinst Computer ans Ohr halten werden, wenn wir lediglich mit anderen Menschen sprechen wollen.
Heinz Zemanek sah bereits ein paar Jahre vor dem World Wide Web oder dem Information Highway das umfassende Eindringen der Informations- und Kommunikationstechnik in unsere Umwelt, bereits im September 1991 schreibt er:
Es können [durch die Informationstechnik] immer umfassendere Dienste angeboten werden, die – zunächst als technischer Traum, und dann immer mehr als Realität – jedem Bürger, jeder Institution und Unternehmung die freie (aber natürlich nicht kostenfreie) Benutzung breitester Kanäle für die Übertragung und Verarbeitung von Schrift, Ton und Bild sowie aller anderen Informationen gestatten. Diese Dienste ergreifen und überfluten die Welt. In alle Gebrauchsgegenstände kann der Mikrocomputer eindringen, und alle lassen sich zu riesigen Netzen zusammenschließen, weltweit wie das Telephon.
In seiner Vorlesung zum »Geistigen Umfeld der Informationstechnik« warnt er bereits Ende der 1980er Jahre vor ihren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft:
Die Informationstechnik bringt auch kein Schlaraffenland, nicht einmal ein informatorisches, in dem uns die gare Information, wie sie unserem Appetit entspricht, in Auge und Ohr fliegt. Nicht nur bedeutet sie weit mehr Mühe mit Information, weil ja der Informationspegel ständig steigt, sondern die Informationstechnik verlangt uns auch stetige Überlegenheit über ihre Systeme ab. […] Und der Computer birgt die Gefahr, daß sich die breite Masse, die in der Demokratie den Ton angibt, nur mehr an das halten wird, was am Bildschirm aufrufbar ist.
Er hielt die Vorlesung nicht etwa als Computerkritiker, sondern genau im Gegenteil als Apologet, er warnte vor einer gesellschaftlichen Ablehnung der Computertechnik, wie sie seinerzeit bei der Atomenergie zu beobachten ist. »Wir müssen alles tun, den Computer vor radikalem Mißtrauen zu schützen.«
Heinz Zemanek war ein Ingenieur, im vollsten positiven Umfang des Worts, ein Ingenieur, der den Menschen als Maß aller Dinge nimmt – eben ein Ingenieur, der immer zugleich ein Humanist sein muss. Heinz Zemanek, einer der Pioniere der Kartierung der Turing-Galaxis ist am 16. Juli 2014 mit 94 Jahren verstorben. EOT.