Die Hoffnung auf neue Möglichkeiten der Kapitalakkumulation mittels der Erschließung im Internet entstehender virtueller Märkte beflügelte Ende der 1990er Jahre viele westliche Ökonomen zu Thesen über globale Veränderungen von Wirtschaftsstrukturen. Thesen über neue Wertschöpfungsnetze mit differenzierten Preismodellen und individualisierten Kundenangeboten beispielsweise. Thesen, über die Arnold Picot auf das von ihm mit zahlreichen anderen Kollegen aus den Wirtschafts- und Kommunikationswissenschaften 1999 erstmals veröffentlichte Buch »Internet-Ökonomie« rückblickend im Jahre 2006 räsonierte. Das war damals auf der Tagung »The Shapes of Things to Come«. Seinen Vortrag dort beschloss Picot damit, dass er angesichts der »erhebliche(n) Überraschungen und Sprünge« eher wenig über die Entwicklung der New Economy in der Zukunft prognostizieren mag. Sein Beitrag wurde ein informativer und dennoch prognostischer Parforceritt durch das Vokabular betriebswirtschaftlicher Perspektive auf das Netz als Markt und die Erschließung der kommerziellen Potentiale jeglicher sich darin ergebender Assoziationsform. Erwähnt werden etwa die Kostensenkungen bei der Herstellung der Produktionsmittel der Informationsverarbeitung: der Rechner und ihrer Netze, die sich im Verhältnis zu den gleichzeitig nach Moore’schem Gesetz enorm steigenden Speicherkapazitäten und Verarbeitungsgeschwindigkeiten ergeben. Weitere Schlagworte sind enorme Automatisierungspotentiale, exponentiell wachsende Absatz-Communities in Form von an das Netz angeschlossenen Nutzern mit zahllosen individuellen Bedürfnissen. Allumfassende Digitalisierung. Auflösung der traditionellen Medienwelt. Neue Formen der Arbeitsteilung. Neue Märkte mit neuer Reichweite und neuen Produkten. Elektronische Beschaffung. Business-to-Business-Umsatzsteigerung. Standardisierungsmechanismen zur Marktbesetzung. Einerseits Ent-Taylorisierung, andererseits höherer Spezialisierungsgrad von Unternehmen. Business-Webs. Sinkende Markteintrittsbarrieren. Neue Erlösmodelle wie Pauschalpreisarrangements statt Einzelleistungsabrechnung….
Picot mied bewusst Themen des Urheberrechts, Fragen des Eigentums, der Verteilung von Gewinnen oder einfach nur den durch den »digitalen Markt« generierten Werten. Er beschrieb die nicht kommerzialisierten Bereiche des Internets und deren Aneignungsstrategien. Daher ist Picot in seinem Vortrag auch nicht auf die Abhängigkeit dieses vermeintlich geschlossenen digitalen Wirtschaftsraumes von frühindustriellen Produktionsbedingungen bei der Herstellung der Hardware eingegangen. Die Rede von »sinkenden Markteintrittsbarrieren« durch das Netz erhält, dies bedenkend, einen fast zynischen Charakter:
In diesen Markt, in dem für Arbeit – sei es nun für geistige oder für Handarbeit – die meisten fast nichts gezahlt bekommen, war die Eintrittsbarriere eigentlich schon immer extrem niedrig. Anschauungsbeispiele für die inhumanen Produktions- und Entsorgungsbedingungen in der New Economy bietet beispielsweise der Film “Behind the Screen”.
Mit diesem Beitrag zur Kartographierung soll eine historische Notiz vorgenommen werden von dem Vortrag von Arnold Picot zur Tagung »Shapes of Things to Come«.